Die Davidgasse
 

Davidgasse 

Tuschezeichnung von Hans Wolf

 

Kunst und Wirklichkeit

 

Der steirische Maler Hans Wolf - geboren am 12.12.1921 in Graz und gestorben am 27.01.1972 ebenda -  beschäftigte sich während seines künstlerischen Schaffens nicht nur mit farbkräftiger Ölmalerei, Glasfensterentwürfen und Aquarellen, sondern er widmete sich auch seinen meisterlichen Bleistift- und Tuschezeichnungen. 

 

In dem Kunstbuch über Hans Wolf, das 2011 publiziert wurde und nur ansatzweise einen Querschnitt seines künstlerisches Schaffens vermitteln soll, ist auch das Abbild einer seiner Federzeichnungen enthalten: Die Grazer Davidgasse. Entstanden ist das Werk in den 1950er Jahren. Traditionell arbeitete Hans Wolf mit seinen Malutensilien und der Staffelei an dem Ort, der künstlerisch auf Leinwand oder Papier festgehalten werden sollte. Meist spannte Hans Wolf - wenn er vor der Natur arbeitete - die Leinwand oder sein (auf einen festen Untergrund fixiertes) Papier in seine Feldstaffelei, die sich dadurch auszeichnete, dass sie leicht und einfach zu transportieren war.

 

So zeichnete Hans Wolf wohl auch dieses Werk mit seiner ihm gewohnten „Outdoor“-Ausstattung. Man verzeihe mir das Wort „Outdoor“, aber diese Begrifflichkeit ist in der heutigen Zeit sehr trefflich und aussagestark.

 

Wie lange er an diesem Werk gearbeitet haben mag, um es zu erschaffen, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Jedoch ist die Ausdrucksstärke seines Federstrichs und die beinahe dramatische Darstellung von Licht- und Schattenspiel seine herausragende Eigenschaft gewesen - in seiner Zeit war diese meisterhafte Art der künstlerischen Darstellung eine große Ausnahme. Die plastische Authentizität und realitätsnahe Abbildung der Davidgasse in der Altstadt von Graz ist beinahe erschreckend und doch so natürlich und lebendig. Die Enge der Gasse, die aus dem organischen Wachstum bei der Errichtung der Wohn- und Geschäftshäuser in früheren Jahrhunderten entstanden ist, drückt auch die - damals in Innenstädten nicht seltene - Ärmlichkeit aus. Um die räumlichen Gegebenheiten maximal ausnutzen zu können, neigten sich die Häuser der oberen Stockwerken zueinander hin, verbunden durch die gemauerten Querabstützungen in Rundbogengestaltung. Die Doppelfenster waren damals bei der Erbauung state of the art. Heute wacht das Grazer Denkmalamt peinlichst auf die Erhaltung aller Details der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude - sollte eine Sanierung anstehen.

 

Wir machten uns auf den Weg, um diese Federzeichnung von Hans Wolf mit dem Heute und Jetzt zu vergleichen. Hat sich in den vergangenen Jahrzehnten etwas verändert und wurden die Denkmalschutzauflagen akribisch eingehalten?

 

Wir haben das Buch auf unsere Erkundungstour mitgenommen und das Ergebnis lichtbildnerisch festgehalten. Sehen sie selbst.

 

Hans Wolf hätte seine Freude daran, wenn er sehen könnte, dass seine Heimatstadt Graz ihren lieblichen, altertümlichen Charme bewahrt hat und sie dem Anspruch des UNESCO Weltkulturerbes zu Recht erhobenen Hauptes trägt. Zumindest, was die Davidgasse betrifft, haben wir dies überprüft.

 

Das Werk von Hans Wolf findet man in zahlreichen öffentlichen und kirchlichen Institutionen und viele seiner Zeichnungen und Bilder werden heute noch von seinen Erben liebevoll aufbewahrt.

 

Hans Wolf war als Studierender in Graz in der Meisterklasse von Rudolf Szyszkowitz und an der Wiener Akademie bei Albert Paris Gütersloh. Ab 1955 unterrichtet er selbst an der Grazer Kunstgewerbeschule am Färberplatz Malerei und Anatomie und er galt damals als der hervorragendste Lehrer für angehende Künstler.

Hans Wolf war ein bescheidener Mensch, der zu Lebzeiten aufgrund seiner Liebe zur echten Kunst und zu seiner Heimat von den „Avantgardisten“ als rückständig belächelt wurde - heute wären viele froh, gäbe es noch Künstler, welche ihren wahren Auftrag, die Menschen zu erbauen und durch ihr Können in Erstaunen zu versetzen, noch ernst nehmen würden.

Doch wie sagt der große Münchner Karl Valentin so schön:

„Kunst ist, wenn man´s nicht kann, denn wenn man´s kann, dann ist es ja keine Kunst!“

Hans Wolf war trotz des Gegenwindes durch den „Zeitgeist“ ein unerschrockener, unbeirrbarer Künstler, kraftvoll in seinem Wirken und mutig in seiner Authentizität.

 

Sein Werk umfaßt : Zahlreiche Illustrationen u.a. des Jungbürgerbuchs „Die Heimat lädt Dich ein“ von 1959, aufwendigste Holzschnitte, Aquarelle, Ölbilder, Kirchenglasfenster, Fresken, Plakate, Batiken, Möbelentwürfe uvm. 

 

Hans Wolf hat trotz seines frühen Ablebens ein bedeutendes Werk hinterlassen, das - in einer Zeit der Besinnung auf echte Werte - eine Wiederentdeckung für Sammler ist.

von Ulrich Bänsch

Die Grazer Davidgasse im Jahr 2017

Jede/r Steirer/in bekam von 1955 bis 1970 mit der Volljährigkeit im Alter von 21 Jahren feierlich dieses Jungbürgerbuch „Die Heimat lädt Dich ein“ vom Landeshauptmann bzw. Bürgermeister überreicht. Die Illustrationen und Gemälde stammen von Hans Wolf und Erika Wolf-Rubenzer.

Der Vergleich

 

Hans Wolf: Der 2011 erschienene Bildband gibt nur bruchstückhaft ein Abbild über sein riesiges künstlerisches Schaffenswerk Aufschluss.